Chronik

Die Geschichte der Blaskapelle Helfendorf

Die Anfänge der Blaskapelle Helfendorf gehen zurück auf die Gründung eines Bläserquartetts im April 1960. Auf Initiative von Erwin Weber (damals 26-jährig), der bereits in der Kapelle Kiemer Geige und Trompete spielte, griffen sein jüngerer Bruder Adolf, Rudi Mailer und Erfried Smija ebenfalls zu Instrumenten. Mit zwei Trompeten, einer Posaune und einem Es-Alt-Horn ging es los. Notenkenntnisse waren bei allen durch das gemeinsame Singen im Kirchenchor vorhanden und Erwin zeigte ihnen, auf was es beim Spielen eines Blasinstruments ankam. Dank der großen Begeisterung aller Beteiligten ging es musikalisch gut vorwärts und schon bald waren die Vier im Dorf zum Gesprächsthema geworden.
Dadurch kamen bereits im Juli drei weitere Interessenten auf das Quartett zwecks Beteiligung zu. Auch wenn diese notenunkundig waren, wurden sie freundlich aufgenommen, Instrumente (Cornett, Es-Trompete, Tenorhorn; zum Teil leihweise) beschafft und jetzt in größerer Runde geprobt. Um die Ausgaben für weitere Noten bestreiten zu können, wurde ein monatlicher Beitrag von 1 DM festgesetzt.
Jetzt trat der Effekt ein, den sich Erwin nach eigenem Bekunden insgeheim erhofft hatte. Da der Bekanntheitsgrad der Bläser durch die zunehmende „Mundpropaganda“ im Ort und der Umgebung weiter stieg, stellten sich bald weitere Neugierige vor. Allen wurde die Aufnahme gewährt und Erwin unterrichtete sie ehrenamtlich für die gemeinsame Sache. Dann war es soweit: Bei einer Nikolausfeier am 4. Dezember 1960 fand der erste öffentliche Auftritt statt; zwar noch in kleinerer Besetzung und ohne Gage, aber dafür mit viel öffentlichem Lob.
Am 01. und 04. Juni 1961 nahmen die Bläser an den Fronleichnams-prozessionen teil, was sogar einen am Ort wohnenden, aber bei anderen Blaskapellen spielenden Flügelhornisten bewog, sich anzuschließen. Klar schieden auch Mitglieder, die ihr musikalisches Potential etwas zu positiv eingeschätzt hatten, wieder aus, aber alles in allem war ein stetiges Wachstum zu verzeichnen. Kaum ein Mitglied war älter als 30 Jahre und die Euphorie war riesengroß. Zum Probenlokal musste inzwischen ein Schulsaal ausgewählt werden.
Nachdem allen klar war, dass hier eine Blaskapelle am Entstehen war, wurden Noten für diese Besetzung gekauft und geprobt und geprobt. Der Hornist Erfried wurde erfolgreich zum Schlagzeuger umfunktioniert. Außer bei kleineren kirchlichen Anlässen war aber weiter öffentlich kaum etwas zu hören oder zu sehen. Aber am 16.09.1962 beim Jahrtag des Trachtenvereins Goldbergler war es soweit: mit Marschmusik vom Gasthaus Fellner zur Kirche und wieder zurück. Es war ein großer Erfolg und beim Trachtenverein waren sie begeistert, jetzt eine „eigene Musi“ am Ort zu haben, die „Helfendorfer Blaskapelle“.
Die junge Blaskapelle hatte bald einen festen Stamm von 15 Musikern, der bei Bedarf durch Aushilfen verstärkt wurde. Das Gwand und optische Erkennungsmerkmal ist seither neben der Miesbacher Trachtenjacke, der Flaum am Scheibling, die weißen Strümpfe und das rotsamerte, gestickte Gilet. Dass dazu eine Lederhose, oder wenn es zu kalt ist, eine Bundlederhose gehört, ist selbstverständlich, aber der Vollständigkeit halber erwähnt. Bei kirchlichen Anlässen wird meist eine lange schwarze Hose getragen.

Das Niveau konnte dank der von allen Mitgliedern geschätzten Probenarbeit Erwins kontinuierlich gesteigert werden. Schon bald etablierten sich eine Reihe von Auftritten, die bis heute Fixpunkte im Terminkalender sind: am Pfingstmontag Jahrtag des Krieger- und Veteranenvereins Aying, Fronleichnamsprozession in Helfendorf, im September die Jahrtage des Krieger- und Veteranenvereins und des Trachtenvereins Helfendorf, Volkstrauertag beim Veteranenverein Hofolding. Daneben wurde bei den verschiedensten Feierlichkeiten anderer Vereine mit dem Trachtenverein ausgerückt und verschiedene kirchliche Anlässe wie Hochzeiten oder Beerdigungen musikalisch umrahmt. Erstes überregionales Mitwirkungshighlight, auch von der Örtlichkeit her, war 1965 die Einladung, auf der Zugspitze zu spielen.
Ein musikalisches Ausrufezeichen wurde beim Gaufest 1970 in Bad Tölz gesetzt: die Blaskapelle erreichte beim Wertungsspiel Platz 1, der Trachtenverein bei der Trachtenbewertung ebenfalls Platz 1. Die Berichte in den Zeitungen vom Helfendorfer Coup erfüllten alle mit großem Stolz. 1972 wurde zum ersten Mal das Ayinger Volksfest von der Brauerei veranstaltet und der Bräu engagierte die Blaskapelle für den Einzugsabend und den Volksfestausklang. Diese blieben solange Jahr für Jahr feste Termine, bis das Volksfest in den Pfingstferien aufgegeben und der Bräukirta im Herbst ins Leben gerufen wurde (hier spielt die Blaskapelle aber auch weiterhin immer am Sonntag). Durch viele weitere Auftritte, die wir für die Brauerei Aying übernahmen, zeichnete Franz Inselkammer die Blaskapelle zum 25-jährigen Jubiläum mit dem Titel „Haus- und Hofkapelle des Bräu von Aying und der Ayinger Brauerei“ aus.
Regelmäßig ging die Blaskapelle auch auf gesellige Reisen: Z.B. nach Ilserheide in Westfalen zum Schützenfest, nach Koblenz zum Schützenfest, auf die Insel Sylt zur Einweihung eines Designer-Ateliers, nach Meran zur Einweihung eines Denkmals. Bis nach Malta, zu einem „Oktoberfest“ auf einer großen Hotelanlage hat es die Blaskapelle verschlagen.
Um den Fortbestand der Blaskapelle zu sichern – der Konkurrenzdruck um die Gunst der Musiker war durch die in den Nachbargemeinden neu entstandenen Blaskapellen deutlich gewachsen – hatte Erwin Ende der 70er-, Anfang der 80er-Jahre begonnen, Jungbläser in kleinen Gruppen von 4 bis 5 Schülern auszubilden, um sie nach und nach in die Kapelle zu integrieren. Mit von der Partie war damals auch ich, da mein Vater Erwin Weber mich neben anderen Instrumenten schon früh an die Trompete herangeführt hat. Auch wenn nicht alle den Sprung „zu den Großen“ geschafft haben, konnte auf diese Weise der Musikerstamm mit einigen Musikern der jüngeren Generation weiter erhöht werden. Unter anderem war auch der spätere Leiter der Blaskapelle Martin Oswald unter seinen Fittichen. Auch ich habe schon bald aus den Jungbläsern heraus den Weg in die Blaskapelle gefunden.

Anlässlich des 25-jährigen Bestehens gab die Blaskapelle erstmals am 29.12.1985 im Gasthof „Zur Post“ im „Fellner-Saal“ ein Konzert. Einschließlich einiger Aushilfen waren 27 Musiker auf der Bühne! Mit einem anspruchsvollen Programm, wie der Overtüre „König Drosselbart“, dem Konzertwalzer „Verschmähte Liebe “, dem Konzertmarsch „Meraner Herbstzauber“, einem Potpourri aus dem Musical „My Fair Lady“ oder dem Potpourri „Brasil Tropical“ konnte die Blaskapelle die zahlreich erschienenen Anhänger begeistern. Auch unser damaliger 1. Flügelhornist Hans Kopp hatte mit seinem berühmten Trompeten-Solo in dem Stück „Der alte Dessauer“ von A. Franz großen Anteil daran. Besonderer Höhepunkt war die Uraufführung des „Helfendorfer Marsch“, den das frühere Mitglied der Blaskapelle, Prof. Dr. Karl Gertis, extra für das Jubiläum komponiert hatte.

Mit rd. 40 bis 50 Auftritten im Jahr war der Terminkalender in den folgenden Jahren bestens gefüllt und die Blaskapelle hatte sich einen ausgezeichneten Ruf in der näheren und weiteren Umgebung erarbeitet.
Nach 30 Jahren als Kapellmeister legte Erwin Weber 1990 sein Amt nieder, weil er sich wieder mehr seiner Geige und der klassischen Musik widmen wollte. Mit ihm ging auch Erfried Smija, der „schlagzeugspielende Schriftsteller “ der Kapelle in „Musikerrente“. Den Dirigentenstab übernahm Hans Bichler, der als Grundschulleiter und Organist ein bestens ausgebildeter Musiker war und schon viele Jahre auf dem Tenorhorn und der Trompete in der Blaskapelle spielte. Er führte die Kapelle grundsätzlich im bisherigen Stil fort, versuchte aber auch, die Musiker mit neuen, schwierigeren Stücken bewusst zu fordern und zu fördern. Wenn dann die Umsetzung vor Publikum mal nicht so gelang, sah er mit der Weisheit eines erfahrenen Musikers und Lehrers entsprechend großzügig darüber hinweg. Besonders in Erinnerung aus dieser Zeit ist noch unser erster live-Auftritt im Radio aus dem Hotel in Aying unter seiner Leitung. Alles klappte wie am Schnürchen. Doch bereits 1994 verstarb Hans nach kurzer schwerer Krankheit. Durch die plötzliche Lücke auf dem Chefposten war der Fortbestand der Blaskapelle daraufhin stark gefährdet.

In dieser Situation engagierten sich besonders Hans Kremser, langjähriger Flügelhornist, Renate Weber (Tochter von Gründungsmitglied Adolf) sowie Martin Oswald, die Blaskapelle zu führen und am Leben zu erhalten. In der ersten Probe unter der Leitung von Hans waren allerdings nur noch 9 Musiker/innen dabei. Doch es gelang den Vieren, wieder neue, jüngere Mitglieder zu gewinnen und es entwickelte sich in relativ kurzer Zeit wieder ein fester Stamm von rd. 15 Musikern, der aus einem größeren Einzugsgebiet zu den Proben nach Helfendorf fand. Hans kam mit seiner akribischen Art zu Proben gut an und auch die Zahl der Auftritte stieg wieder.
Mit diesem Generationswechsel war der entscheidende Schritt in Richtung Zukunft gelungen. In der neuen „jungen Truppe“ herrschte ein sehr guter Zusammenhalt, der sich wieder in vielen außermusikalischen Aktivitäten wie Reisen (z.B. nach Lippstadt zum Schützenfest) und Feiern äußerte. An Probentagen fuhr man z.B. noch vorher gemeinsam nach Laus zum Baden und nach der Probe wurde richtig „zum Wirt ganga“, bis dort zugesperrt wurde. Aus dieser Hochstimmung heraus fasste man den Entschluss, einfach mal wieder ein Konzert zu geben. Gesagt, getan, und so veranstaltete die Blaskapelle am 27.12.1997, fast auf den Tag genau 12 Jahre nach dem ersten Konzert, unter der Leitung von Hans wieder ein Konzert im Fellner Saal mit einem gut gemischten Programm aus Klassikern wie dem „Florentiner Marsch“ und moderneren Stücken wie „In Modo Barocco“ oder „Buglers Holiday“. Nach außen wirkte das Konzert als deutliches Zeichen für die gelungene Wiederbelebung der Blaskapelle.
Leider musste Hans die Leitung der Kapelle bereits 1998 aufgeben, da er an seinem Wohnort in Höhenkirchen im Verein der dortigen Blaskapelle sehr eingebunden war. Jetzt übernahm der bereits oben erwähnte Martin Oswald den Chefposten. Auf dem Flügelhorn und der Trompete hatte er ein sehr hohes Niveau erreicht und war daher auch bereits für verschiedene Oktoberfestkapellen im Einsatz. Trotz seiner erst 26 „Lenze“ waren alle begeistert, als er sich bereit erklärte, als 1. Flügelhornist auch die Leitung der Blaskapelle zu übernehmen. Seine unbekümmerte, mitreißende Art und die jugendliche Power waren für das musikalische Niveau der sich weiter verjüngenden Kapelle sehr förderlich. Er war es auch, der die Idee zu einer eigenen Veranstaltung der Helfendorfer Blaskapelle hatte: ein Starkbierfest. Diese Veranstaltung war einige Jahre ein großer Erfolg und beliebt im weiteren Umkreis Helfendorfs. Sogar namhafte Schauspieler konnten als „Fastenprediger“ gewonnen werden und die Texte und Gedichte von Erfried Smija fanden hier ebenfalls ein erheitertes Publikum.
Mit Martin am Dirigentenstab feierte die Blaskapelle 2000 auch ihr 40-jähriges Bestehen, wieder mit einem Konzert im Saal des Gasthauses „Zur Post“ in Helfendorf. Es kamen 350 Besucher und auch die vier Gründungsmitglieder waren als Ehrengäste mit von der Partie. Auch zu diesem Anlass wurden wieder Werke von Prof. Dr. Karl Gertis, nämlich der „Ayinger Jubiläumsmarsch“ und der „Helfendorfer Marsch“ zum Besten gegeben. Mit Konzertstücken wie dem Marsch „Unter den Linden“ von Walter Kollo , „Leichtes Blut“ von Johann Strauß, oder der „St. Louis March“ zeigte die Blaskapelle „ihr ausgewogenes Klangvolumen“, wie damals in der Zeitung berichtet wurde.
2002 sprang Hans Kremser wieder in die Presche und übernahm die Leitung, als Martin Oswald seinen Lebensmittelpunkt aus familiären und beruflichen Gründen in die Nachbargemeinde verlegte. Bei der Organisation der Auftritte unterstützte ihn Stefan Schuldes, der bis heute die Funktion des Managers der Blaskapelle inne hat.

Das Repertoire der Blaskapelle hat sich im Laufe der Zeit nur wenig verändert. Es setzt sich aus den traditionellen Blasmusikmärschen, Polkas und Walzern aus Bayern und Böhmen sowie der Kirchenmusik zusammen; und auch Tanzmusik und Schlager aus den 60-ern sind immer noch in der „Notenmappe“. Fast gänzlich verschwunden sind dagegen die früher sehr gern gespielten Potpourris. Mit elektronischer Sound-Verstärkung wurde und wird von uns nur im Bierzelt gespielt. Dass immer alle Noten in den Mappen zu finden und in den Dateien verzeichnet sind, dafür sorgt der Notenwart. Seit 1995 nehmen wir nicht mehr die Originale, sondern nur noch die Kopie in den Mappen mit und haben damit dem Verlust von Noten durch versehentliches Entzünden z.B. bei Nichtgefallen des jeweiligen Musikstücks durch Ausführende den Sinn genommen. Diesen Reformschnitt hat damals im Wesentlichen Renate Weber vollzogen, indem sie in wochenlanger Arbeit alle Noten kopierte. Bereits seit 2000 ist unser Flügelhornist Peter Westermeier jetzt schon Notenwart. Er erledigt diesen Job zuverlässig und ohne viel „Aufhebens“. Die Kasse haben wir seit 2010 Veronika Eichler anvertraut. Erstens haben wir gewusst, dass sie damit in den besten Händen ist und zweitens ist eine fesche Musikerin für die Honorarverhandlungen natürlich ein Trumpf im Ärmel.
Aktuell besteht der Stamm aus 16 Musikerinnen und Musikern. Wir freuen uns immer, wenn „Zugezogene“ oder sonstige Interessierte zu uns in die Probe kommen und bei uns mitspielen wollen. Denn eines ist sicher: Zusammenhalt und Spaß am gemeinsamen Musizieren war und ist das, worauf es ankommt. Und dazu ist jeder, der ein Blasinstrument spielt, herzlich willkommen.
Heuer feiern wir unser 60-jähriges Bestehen. Zu diesem Anlass hatten wir für 28.06.2020 ein Fest geplant, zu dem wir bereits unsere Gründungsmitglieder, die Vereine unserer Gemeinde und die Vereine anderen Ortschaften, die wir schon über viele Jahre bei ihren Veranstaltungen begleiten dürfen, eingeladen hatten. Auch die Probenarbeit dazu hatten wir schon seit Anfang des Jahres begonnen und darum ist es sehr schade, dass wir aufgrund der aktuellen Coronavirus-Pandemie jetzt gezwungen sind, das Fest abzusagen. Eventuell holen wir es nächstes Jahr nach, je nachdem, wie schnell das Virus besiegt werden kann und wieder richtige Feste gefeiert werden dürfen. Hoffen wir das Beste.

Helfendorf, April 2020
Roland Weber

Zusammenstellung Funktionsträger der Blaskapelle

Musikalische Leiter:
1960 – 1990: Erwin Weber
1990 – 1994: Hans Bichler
1994 – 1998: Hans Kremser
1998 – 2002: Martin Oswald
2002 – 2005: Hans Kremser
2023 bis heute: Peter Westermeier

Manager:
1960 – 1990: Erwin Weber
1990 – 1994 Emmeram Esterl sen.
1994 – 2002 Martin Oswald
2002 bis heute: Stefan Schuldes

Kassier:
1960 – 1970: Erwin Weber
1970 – 1990: Erfried Smija
1990 – 1997: Renate Weber
2000 – 2003: Stefan Schuldes
2003 – 2010: Emmeram Esterl jun.
2010 – 2023: Veronika Eichler
2024 bis heute: Stefan Schiedermaier

Notenwart:
1960 – 1990: Erwin Weber
1990 – 1997: Renate Weber
2000 bis heute: Peter Westermeier